Diese Internetseite wird gefördert von der Stiftung Flughafen Frankfurt, im Rahmen des Projektes „Festung Königstein – Ort europäischer Demokratiegeschichte“. 

Festung Königstein - Ort europäischer Demokratiegeschichte

Vom 8. April 1793 bis zum 21. September 1795 diente die Festung Königstein unter preußischer und kurmainzischer Verwaltung als Gefängnis für die politischen Unterstützer der so genannten „Mainzer Republik“, die als „Geburtsstunde der Demokratie“ gilt.

Nur zwei Denkmäler erinnern noch heute eindrucksvoll an diese erste kurze Episode unserer Demokratiegeschichte: Das „Mainzer Schloss“ mit dem „Platz der Mainzer Republik“ und die Festungsruine Königstein als Hauptgefängnis und Ort des Widerstands und der Aufklärung der so genannten „Mainzer Jakobiner“.

Die Festungsruine Königstein ist daher ein Ort europäischer Demokratiegeschichte und steht wie kein anderer in Deutschland für die militärischen wie politischen Ereignisse der Jahre 1792-1793.

Rund 250 politische Gefangene waren hier teils unschuldig, teils als Mitläufer, teils als politisch Aktive der Mainzer Republik wenige Wochen oder auch mehr als 2 Jahre eingekerkert. Ihre Geschichte sowie die Geschichte des Gefängnisses der ersten Demokraten wird hier erzählt.

Diese Internetseite informiert ausschließlich  rund um das „Gefängnis der ersten Demokraten“. Informationen zur Geschichte von Burg, Schloss und Festung Königstein finden Sie demnächst unter www.koenigstein-burg.de

 

Das Gefängnis der ersten Demokraten

Was genau am 8. April 1793 begann und erst am 21. September 1795 endete, hatte seine konkrete Vorgeschichte in den Ereignissen rund um die ‚Mainzer Republik‘.

Als am Montag, den 8. April 1793, gegen 17.00 Uhr knapp 60 politische Gefangene am Tor der Festung ankamen, lag ein fünf Stunden langer Marsch hinter ihnen, ausgehend von der Frankfurter Hauptwache. Etliche von ihnen waren unterwegs misshandelt worden, ein Gefangener verstarb in den folgenden Tagen. Es waren die ersten von insgesamt rund 250 politischen Gefangenen, die entweder zeitweise oder sogar bis zum letzten Tag in der Festung dafür büßen mussten, dass sie sich für die ‚Mainzer Republik‘ engagiert hatten oder man es ihnen zumindest und oft genug grundlos vorwarf.

Von ‚Vaterlandsverrat‘ sprachen die Zeitungen, die über das politische Gefängnis ‚auf dem Königstein‘ von nun an immer wieder einmal berichteten, oder von mutigen Persönlichkeiten, die für die Ideale der Französischen Republik einstanden, je nachdem, wo die jeweiligen Publizisten politisch beheimatet waren.

Eine Untersuchungskommission, die ab Juli 1793 eigentlich jeden Gefangenen eintaxieren sollte, entließ viele von Ihnen bald wieder, weil Vergehen nicht nachzuweisen waren. Andere, die zum Teil Funktionsträger in der ‚Mainzer Republik‘ bzw. in Mainz gewesen waren, mussten länger bleiben. Einigen wurde später Hausarrest in der Umgebung zuteil, andere wurden sehr bald und dann noch einmal endlich Ende 1794 als politische Geiseln eingestuft und Anfang 1795 meist ins französische Exil entlassen, im Tausch für deutsche Geiseln in Paris.

Vom Bauern bis zum Perückenmacher, vom Buchdrucker bis zum Universitätsprofessor war das gesamte Spektrum der Mainzer Gesellschaft hier vertreten, darunter prominente Figuren wie Felix Anton Blau, ehemals Philosophie-Professor an der Universität Mainz und Deputierter des ‚Rheinisch-Deutschen Nationalkonvents‘ der ‚Mainzer Republik‘ oder Franz Konrad Macké und Konrad Winkelmann, vormals beide Bürgermeister, der eine in Mainz, der andere in Worms.

Dass sie in einem provisorisch hergerichteten Gefängnis schlecht versorgt waren, ergibt sich fast von selbst. Es fehlte an Stühlen und Tischen, an Waschgelegenheiten, an Kleidung, an Bettstellen und Stroh, das Essen war schlecht. Reichlich dagegen gab es Flöhe, Wanzen und Ratten, Krankheiten wie Keuchhusten oder Lungenentzündung. Aber auch von psychischen Beschwerden wie Depression und Suizid-Gefahr berichten die zahlreichen schriftlichen Quellen.

Kurzum: Im politischen Gefängnis ‚auf dem Königstein‘ saßen die ersten Demokraten Deutschlands oder zumindest Leute, die man dafür hielt. Die Festung war damals das größte politische Gefängnis Europas und dafür auch europaweit berüchtigt. Besonders in Paris verfolgte man das Schicksal einiger Gefangener sehr genau. Der Streit um ihre Behandlung und das Gefängnis selbst reichte bis in höchste Kreise wie den König von Preußen oder den National-Konvent in Paris. Möglichst unerbittlich wollte der Kurfürst von Mainz mit seinen hier einsitzenden ‚abtrünnigen‘ ehemaligen Untertanen verfahren. Schließlich galt es, den Zeitgenossen, die mit der Demokratie nach französischen Vorbild liebäugelten, durch dieses Gefängnis zu demonstrieren, wohin man kam, wollte man Demokrat sein und den Mund aufmachen.

Die Bewachung der meistens mehr als 100 Gefangenen, die gleichzeitig hier in Haft saßen, war mit insgesamt fünfzig Soldaten nicht lückenlos zu bewerkstelligen, so dass es zu einigen spektakulären Ausbrüchen kam.

Die militärische wie politische Entwicklung brachte es mit sich, dass ein großer Teil dieser Gefangenen im Februar und März 1795 entlassen wurde, meistens ins politische Exil nach Frankreich. Einige wenige verließen die Festung erst am 21. September 1795.

Die Tatsache, dass auch Außenstehende und nicht nur Verwandte und Freunde die Gefangenen gegen Geld ‚besuchen‘ durften, dass es zum Gefängnis sogar politische Hetzschriften in Form von Theaterstücken gab und viele der Gefangenen in öffentlichen Schaumärschen zwischen April und Mai 1793 hierher geschafft worden waren, macht die Festung Königstein zu einem ganz besonderen politischen Gefängnis unserer Demokratiegeschichte: Gleich zu Beginn politischer Gefängnisse in Deutschland zogen die Verfolger und Unterdrücker alle Register, vor allem medialer Art, um dieses Gefängnis abschreckend wirken lassen zu können.

Das politische Gefängnis macht die Festungsruine Königstein zu einem Ort der deutsch-französischen bzw. europäischen Demokratiegeschichte.

Aus dem Gefängnis heraus wurde konspirativ weiter politisch gewirkt: Geheime Korrespondenz, die der Zensur entging, politische Schrift, die aus dem Gefängnis heraus den Weg in eine Druckerei fanden, ja selbst eine philosophische Schrift zur Demokratie, die hier im Gefängnis geschrieben wurde, macht aus dem ‚Gefängnis der ersten Demokraten‘ das, was politische Gefängnisse oft genug bis heute ausmacht: mehr zu sein als nur ein Ort der Unterdrückung, nämlich auch ein Ort des aktiven Widerstandes und neuer demokratischer Überzeugungen. Die prominente Gefangene Caroline Böhmer meinte dazu lapidar in einem ihrer Briefe: „Königstein bildet eifrig Freyheitssöhne“. Sie hatte erkannt, dass dieses Gefängnis selbst dazu beitrug, aus vielen Insassen erst Demokraten zu machen.

Die Geschichte dieses Gefängnisses ist inzwischen einigermaßen aufgearbeitet und sowohl im Internet, als auch in zahlreichen Büchern und Broschüren nachzulesen.

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